16.12.2021

Hessische Wohnungswirtschaft bewertet Koalitionsvertrag

Licht und Schatten bei Plänen für die Wohnungspolitik – "Hessen muss PS nun auf die Straße bringen"

Die Wohnungs- und Baupolitik der neuen Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wird von den Verbänden der hessischen Wohnungswirtschaft verhalten positiv bewertet. Ein eigenes Bauministerium, das ambitionierte, aber wichtige Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 gefördert, sowie beschleunigte Genehmigungsverfahren seien Schritte in die richtige Richtung, so die Experten der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände Hessen (AWI Hessen). Doch es gibt auch einige kritische Aspekte, unter anderem die fortgesetzten Eingriffe in den Mietmarkt. Diese verunsicherten die Vermieter und sorgten für keine einzige neue Wohnung.

Gerade dies ist laut AWI-Sprecher Dr. Axel Tausendpfund, Vorstand des VdW südwest, in der aktuellen Phase jedoch zwingend nötig. Heruntergerechnet auf den Bevölkerungsanteil bedeutet der Bau von 100.000 neuen Sozialwohnungen rund 7.000 Sozialwohnungen für Hessen pro Jahr – fast 6.000 Wohnungen mehr als derzeit fertiggestellt werden. 2020 waren hessenweit 45.895 Haushalte registriert, die eine geförderte Wohnung suchten. Tausendpfund sagt: „Der Druck in diesem Segment ist immens. Das Land Hessen muss jetzt die PS auf die Straße bringen und mit den Finanzmitteln vom Bund und den eigenen Fördergeldern die richtigen Bedingungen schaffen, damit dieses Geld auch in großem Umfang abgerufen wird.“ Kritisch sieht er die Pläne der Koalition zu einer Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit: „Unsere Unternehmen handeln bereits gemeinwohlorientiert. Ihre Durchschnittsmiete in Hessen liegt deutlich unter den Vergleichsmieten. Und mit dem Kodex der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft haben sich unsere Wohnungsunternehmen verpflichtet, weiterhin im Sinne des Gemeinwohls zu agieren. Ziel muss es doch sein, diese gemeinwohlorientierte Wohnungswirtschaft zu unterstützen und nicht mit einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit Doppelstrukturen zu schaffen. Deswegen halten wir deren Einführung für unnötig. Eine Wohnungsgemeinnützigkeit schafft nicht mehr bezahlbaren Wohnraum und droht sogar, bereits gemeinwohlorientierte Vermieter zu benachteiligen.“

Mit dem Ziel 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, verbindet die Bundesregierung auch das Ziel, mehr Menschen in Deutschland das Wohnen im selbstgenutzten Eigentum zu ermöglichen. Denn Eigentumsbildung in möglichst jungen Jahren dient dem Vermögensaufbau und der Altersabsicherung. Bei geringem Eigenkapital spielen die hohen Erwerbsnebenkosten, wie die Grunderwerbsteuer, eine besondere Rolle. „Deshalb begrüßen wir, dass die neue Bundesregierung eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen will“, so Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Landesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland. Lipka weiter: „Wir fordern deshalb von der Landesregierung in Hessen, die Einführung von Freibeträgen bei der Grunderwerbsteuer für selbstnutzende Eigentümer auf Bundesebene zu unterstützen und in Hessen schnell umzusetzen. Denn bei der Wohnraumversorgung dürfen wir den Mittelstand nicht vergessen.“ In Hessen seien mehr Baugrundstücke, schnellere und digitale Planungsverfahren und weniger Regulierung nötig. „Denn nur wenn auch Private weiterhin in den Wohnungsbau investieren, sind die ambitionierten Ziele der Bundesregierung beim Wohnungsbau erreichbar“, so Lipka.

Christian Streim, Vorsitzender von Haus & Grund Hessen, blickt mit Sorge auf die angekündigte Fortsetzung der regulatorischen Mietpreiseingriffe. Die Mietpreisbremse soll bis zum Jahr 2029 verlängert und die Kappungsgrenze für Bestandsmieten nochmals von 15 auf 11 Prozent in drei Jahren abgesenkt werden. „Die Erfahrung aus vielen Jahren staatlicher Mietpreisregulierung in Hessen zeigt, dass sie sich nicht dazu eignet, bezahlbare Mieten für alle Einkommensgruppen in Ballungsräumen zu sichern. Durch gedrosselte Mieten werden die ohnehin beliebten Stadtteillagen noch attraktiver. Die Verlängerung der Mietpreisbremse verlängert diesen Missstand“, kritisiert Streim. Die Senkung der Kappungsgrenze wiederum treffe insbesondere diejenigen Vermieter, die jahrelang keine Mieterhöhung ausgesprochen haben. Wie die Bundes- und Landespolitik stattdessen selbst dafür Sorge trägt, die Mieten in den Ballungsräumen in die Höhe zu treiben, lässt sich nach Ansicht von Haus & Grund Hessen sehr gut an dem nunmehr für Hessen geplanten Genehmigungsvorbehalt bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen beobachten: „Durch die erschwerte Wohnungsumwandlung kommen weniger Eigentumswohnungen auf den Markt – mit der Folge, dass die Preise steigen. Käufer müssten deshalb höhere Mieten verlangen, um nicht unwirtschaftlich zu handeln. Dies ist erheblich, da in Hessen jede zweite Eigentumswohnung vermietet und gerade nicht selbst genutzt wird“, sagt Streim.  
 
Die in der AWI Hessen zusammengeschlossenen Wohnungs- und Immobilienverbände werden die Umsetzung der wohnungspolitischen Impulse aus Berlin auf Hessenebene intensiv begleiten, so AWI-Sprecher Tausendpfund. „Der Landesregierung stehen wir auch im kommenden Jahr als qualifizierter Ansprechpartner zur Seite. Die hessische Wohnungswirtschaft wird ihren Beitrag leisten, um die Herausforderungen zu bewältigen.“

Pressekontakt

Jan Voosen
Pressesprecher
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