Parlamentarischer Abend der hessischen Wohnungswirtschaft in Wiesbaden
Neue Landesregierung in Verantwortung für gute Wohnungspolitik
Großen Zuspruch fand der erste Parlamentarische Abend der Legislatur in Hessen, zu dem die hessische Wohnungswirtschaft am 6. Februar in den Landtag nach Wiesbaden eingeladen hatte. Über 100 Gäste aus Wirtschaft und Politik, darunter auch Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) und über 30 Abgeordnete, diskutierten über die Herausforderungen, denen sich die neue Landesregierung in der Wohnungspolitik gegenübersieht.
„Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist sehr ernst“, sagt Dr. Axel Tausendpfund, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohnungs- und Immobilienverbände (AWI) Hessen und Vorstand des Verbands der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft (VdW südwest). 360.000 Wohnungen fehlten laut dem Institut für Wohnen und Umwelt bis 2040 in Hessen, deswegen müsse der Wohnungsbau schnellstmöglich wieder angekurbelt werden. Hier stehe laut AWI die neue Landesregierung in der Verantwortung. Sie müsse die ihr möglichen Weichenstellungen so schnell wie möglich vornehmen, um die Not auf den Wohnungsmärkten zu lindern.
Tausendpfund nennt mehrere Handlungsfelder: „Damit mehr Wohnungen im niedrigen und mittleren Preissegment entstehen können, sind gute Förderprogramme unverzichtbar. Dabei kommt es im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode vor allem auf eine bessere Ausgestaltung der Programme an, damit die Gelder auch tatsächlich abgerufen werden.“ Zudem fordert er ein Umdenken zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor. Strenge Standards zur Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden, wie sie die Politik derzeit vorgibt, führten nicht zum Ziel. Sie verursachten für Mieter und Eigentümer aufgrund der notwendigen Modernisierungsmaßnahmen zu hohe Kostenbelastungen, ohne dass ausreichend große und nachhaltige Effekte für den Klimaschutz erzielt würden. Deswegen müsse der Fokus verlagert werden, so der AWI-Sprecher: „Klimaneutralität erreichen wir nur mit CO2-freien Heizungen, nicht mit gedämmten Fassaden allein. Dafür muss die Nutzung von Wärmepumpen und Wärmenetzen stärker unterstützt und vorangetrieben werden – mit einer Förderung, die CO2-Vermeidung statt Dämmstoffdicke unterstützt.“
Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, sagt: „Um die Wohnraumversorgung zu verbessern, brauchen wir insgesamt mehr neue, zusätzliche Wohnungen. Im Rhein-Main-Gebiet sind Neubauprojekte um rund 90 % zurückgegangen. Um aber neue Wohnungen bauen zu können, muss die Politik auch den Mittelstand wieder zu Investitionen in den Wohnungsbau ermutigen. Noch im Jahr 2021 und 2022 wurden bundesweit 60 % aller Investitionen in den Wohnungsbau von privaten Haushalten getragen. Neben einer verlässlichen Förderkulisse benötigt der Wohnungsneubau die Millionen dieser privaten Haushalte – gerade in Zeiten leerer öffentlicher Kassen. Diese mittelständischen Haushalte benötigen steuerliche Anreize wie die Sonder-AfA oder den Verzicht auf die Grunderwerbsteuer für Ersterwerber.“ Denn diese für den Wohnungsbau so wichtige Gruppe werde von den sozialen Förderprogrammen nicht erreicht. Und steigende Zinsen bedeuteten, dass Anleger auch wieder attraktive Finanzanlageprodukte außerhalb des Wohnungsbaus fänden. Deswegen müsse die Politik für Investitionen in den Wohnungsbau werben.
„Sozialer Wohnungsbau entsteht nur dort, wo auch freifinanzierter Wohnungsbau zu wirtschaftlichen Bedingungen möglich ist. Das Gesamtpaket muss stimmen – denn jede Wohnung zählt“, so Lipka.
„Menschen in Hessen müssen bezahlbare Wohnungen finden können, auch bezahlbares Wohneigentum bekommen und zeitgemäß erhalten können“, sagt Christian Streim, Vorsitzender von Haus & Grund Hessen. „Die geplante Verlängerung der hessischen Mieterschutzverordnung ist ein herber Dämpfer für das dringend erforderliche Investitionsklima, insbesondere schwächt sie das Vertrauen privater Vermieter in die Wirtschaftlichkeit des Vermietungsgeschäfts.“ Auch das geplante Gesetz gegen spekulativen Leerstand im Bereich angespannter Wohnungsmärkte lehnt Haus & Grund Hessen ab. „Weil es überflüssig ist“, so Streim. „In Hessen, der Rhein-Main-Region und Universitätsstädten ist Leerstand kein Problem, sondern ein Mangel an preiswertem Wohnraum – und der hat andere Ursachen. Ein solches Gesetz würde viel bürokratischen Aufwand erfordern, aber nichts ändern.“
Die in der AWI Hessen zusammengeschlossenen Verbände betonen abschließend: „Wohnen ist ein Grundbedürfnis. Jeder Mensch braucht ein Dach über dem Kopf, das er sich leisten kann. Viele Menschen können das im Moment nicht, oder nur unter großem Verzicht. Daraus resultieren Sorgen und Ängste, die viel sozialen Sprengstoff bergen. Denn unzufriedene und verängstigte Menschen sind empfänglicher für Botschaften extremer politischer Ränder. Dem müssen wir alle – Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – vorbeugen, um den sozialen Frieden zu stärken. Eine gute Wohnungspolitik ist dafür ein wichtiger Baustein. Wir stehen als Ansprechpartner mit unserer Expertise jederzeit zur Verfügung und möchten als hessische Wohnungswirtschaft unseren Beitrag leisten, die Herausforderungen zu bewältigen und gemeinsam gute Lösungen für den Wohnungsmarkt zu entwickeln.“